SITZENDE. Skulpturen und Zeichnungen von Marta Leite.

Dualität ist Opposition von Gegensätzen. Jedweder Dualität immanente Spannung offenbart latente Gewalt, die wiederum Verwandlungen hervorruft. Insofern stellt sich das menschliche Dasein in seiner Widersprüchlichkeit als pathetisches Drama dar.

Im Aufeinandertreffen von Gegensätzlichem wird Transformation geboren. Jenen Augenblick untersucht, thematisiert und visualisiert Marta Leite in ihrer jüngsten Arbeit. Hierbei verzichtet Leite auf eine rational-logische Annäherung, um einen poetisch-metaphorischen Ansatz hervorzuheben, so etwa wenn Vögel – Metapher für Freiheit – Konstrukteure von Masken sind.

In der Vision der portugiesischen Künstlerin vollführt sich jegliches Handeln und Sein, letztlich auch das eigene künstlerische Schaffen, vor dem Hintergrund zeitlicher Begrenztheit. Das Infrage stellen des Topos der Unsterblichkeit ist ein Leitmotiv ihrer Arbeiten.

Der Moment aufeinanderprallender Gegensätze und die Endlichkeit innewohnende Spannung - als Grundelemente der conditio humana - prägen Schaffensprozesse wie Werke von Marta Leite.

Im Mittelpunkt der Kunstwerke stehen spannungserzeugende Oppositionspaare wie: Leben - Tod, Freiheit - Gefängnis, Materialität - Immaterialität.

Um ihrem künstlerischen Anspruch gerecht zu werden, verwendet Leite unterschiedliche Medien und Materialien; gleichsam ein multidisziplinäres Werk hervorbringend. Jede einzelne Arbeit der Künstlerin – von Zeichnung, Radierung, Gemälde über Skulptur, Installation bis hin zu Film/Video – kann sowohl als Teil eines Gesamtgefüges aufgefasst werden (als Phrase eines einzigen Textgefüges) sowie als für sich stehendes Einzelwerk.

Pies de barro. Video von Marta Leite & Arturo Steele.

In Zusammenarbeit mit dem Filmemacher Arturo Martinez Steele entstand 2010/ 2011 das Videoprojekt Pies de barro. Der Film (Farbe, 2 Min. 3 Sek.) reiht sich auf gleiche Weise in das poetische Konzept der Künstlerin Marta Leite ein wie ihre Zeichnungen und ihre tragbaren Objekte (Masken).

Pies de barro ist ein überlebensgroßes auf dem Wasser treibendes Objekt bestehend aus einem Haus, einem Stuhl, einer darauf sitzenden Person mit einer Maske. Haus, Stuhl, Maske und Floß bestehen aus Holz – ein vergängliches Material.

Alle Elemente werden als einheitlicher Charakter/ Figur aufgefasst. Der Charakter treibt auf einem offenen Gewässer.

Pies de barro meint den psychologischen Zustand einer in sich eingeschlossenen, haltlosen Figur. Diese befindet sich in einem labilen Zustand. Sobald sie versucht, aus sich selbst heraus zu treten, wird ihre innere Struktur in einen Zustand des Ungleichgewichts versetzt.

Ihre physische Struktur ist zerbrechlich, der Boden des Innenraums unstabil, Wasser umgibt sie. Ihre Situation bietet weder Stütze noch Festigkeit. Reglos treibt das Objekt auf dem Wasser und lässt sich willenlos, von den äußeren Umständen bewegen.